Ja, da sitze ich nun im Zug und fahre wieder nach Berlin. Mein Kopf voller neuer Ideen und Eindrücken von der diesjährigen Immobilienmesse in Dortmund. Auch dieses Jahr hat sich die Teilnahme wieder gelohnt und ich habe bei alle den Vorträgen, Workshops und Diskussionsrunden was dazu gelernt. Vor allem was und wie die Kollegen Ihre täglichen Herausforderungen mit den Eigentümern und Mietern bewerkstelligen. Und ich kann Ihnen sagen, alles gar nicht so einfach. Nicht nur für mich/uns, nein auch für die Kollegen. Das kann ich Ihnen sagen!
Die Anforderungen werden immer mehr und immer komplizierter. Da hat doch der Makler (um mal ein Beispiel zu nehmen) von früher den direkten Kontakt zu den Eigentümern und Käufern gehabt. Schon alleine dadurch, dass die meisten im gleichen Ort oder Bezirk wohnten, im gleichen Sportverein waren, in der gleichen Eckkneipe verkehrten oder im gleichen Geschäft einkaufen gingen. Man kannte sich halt. Das Vertrauensverhältnis war da, man kannte nicht nur den oder die Eigentümer, sondern auch die Immobilie.
Die Internetplattform „McMakler“
Tja und heute, da geht es darum, die meisten Likes bei Facebook zu bekommen oder die meisten Follower bei Instagram zu haben oder den meisten Traffic auf der Webseite zu haben, damit Google einen auch ja auf der ersten Seite listet. Sicher ist das wichtige und ja, die Zeiten haben sich geändert. Aber mal ganz ehrlich, ich persönlich bin doch etwas erschrocken über diesen Umstand. Alleine das auf der Immobilienmesse bei einem Vortrag zum Thema „Digitales Farming“ doch tatsächlich die Internetplattform „McMakler“ als Beispiel genannt wurde, hat mich regelrecht schockiert. Da möchte also jemand sein Eigenheim verkaufen, in dem er vielleicht aufgewachsen ist oder eine Familie gegründet hat und in dem er/sie viele Jahre seines/ihres Lebens verbracht hat, verkaufen und geht auf so eine Plattform. Wo er/sie nur mit einer Maschine kommuniziert und fast der gesamte Verkaufsprozess ausschließlich maschinell abgewickelt wird. Naja, vielleicht kommt mal jemand vorbei und macht Fotos, wenn überhaupt. Selbst diese kann der Verkäufer selbst zusenden. Wie in Herrgottsnamen will die Maschine wissen, was dem Verkäufer am Herzen liegt, was die Wohnung/das Haus für eine Geschichte hat, welches Gefühl man beim Betreten der Wohnung hat oder welche Ecke in der Wohnung besonders schön und sonnig ist? Ich meine, man muss die Immobilien doch als Makler selbst sehen, bevor man den passenden Käufer sucht, oder nicht? Oder bin ich da altmodisch?
Der Kauf oder Verkauf einer Wohnung oder eines Hauses passiert bei den meisten Menschen in der Regel genau einmal im Leben
Es ist normalerweise auch der größte Vermögenswert der Menschen. Wie kann ich dann diese wertvolle Immobilie einer Maschine übertragen? Hier geht es doch nicht nur um den Akt „Ware gegen Geld“. Nein, hier geht es um den Akt „Abschied und Neuorientierung“. Denn wie sagt der Volksmund so schön: wenn eine Tür sich schließt, dann öffnet sich eine Neue. Aber diese Türen sind mit so viel Emotionen verbunden, dass eine Maschine die Verkäufer doch nur im Stich lassen kann.
Anders herum ist die persönliche Vorstellung einer Immobilie für potenzielle Käufer doch genauso wichtig. Für die Käufer hat sich gerade die Tür der Zukunft und Veränderung geöffnet und sie wollen die Geschichte der Immobilie erfahren. Oder wie die Nachbarn so sind oder wo man den nächsten Einkauf erledigen kann oder wo die nächste Schule ist oder welche Himmelsrichtung der Balkon oder die Terrasse hat. Kann das eine Maschine genauso gut wie der Makler in Menschengestalt? Ich weiß es nicht und ich bin mir da nicht sicher. Nun klar, ich habe es noch nicht ausprobiert mit „McMakler“ oder einem anderen Onlinemakler. Aber mal ganz ehrlich, schon beim Schreiben des Wortes McMakler stellen sich mir die Nackenhaare hoch und es erinnert mich zwangsläufig an „McDonald“. Also Fastfoot und von der Stange. Eine Immobilie ist doch nicht von der Stange oder gar standardisiert. O.k. vielleicht kann man das tatsächlich von den Wohnungen im Plattenbau sagen, aber bestimmt nicht von den Wohnungen und Häusern, die unser Unternehmen seit über 80 Jahren verkauft, betreut und gesehen hat.
Sicher läßt sich ein Online-Makler gut oder sinnvoll für den Verkauf einer Kapitalanlage nutzen. Hier geht es ja ausschließlich um den bestmöglichen Verkaufspreis in kurzer Zeit. Und Emotionen sind rein finanzieller Natur. Aber nach meiner Meinung ist das bei einer selbstbewohnten oder gar geerbten Immobilie einfach nicht würdig.
Trotzdem kann man sich als Immobilienfirma der heutigen Marktentwicklung nicht entziehen
Auch wenn man sehr an den alten Werten wie Vertrauen, Zusammenarbeit, Loyalität und Authentizität hängt und diese bei allen anvertrauten Immobilien lebt. Die technischen Möglichkeiten sind einfach unfassbar. Was ich auf der Messe wieder Neues gehört habe, ist einfach irre und würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Aber zwei kleine Neuigkeiten möchte ich doch mal kundtun: da hat doch GoogleX ein Auto entwickelt, dass komplett alleine durch die Straßen der USA fährt. Das stimmt wirklich. Schauen Sie mal auf YouTube. Das gleiche Unternehmen hat weiterhin eine Kontaktlinse für Diabetiker entwickelt, die misst, wann der Blutzuckerspiegel anfängt zu sinken und gibt darauf hin einen Hinweis auf das Smartphone des Trägers, damit dieser rechtzeitig sein Insolin nehmen kann. Unfassbar!
Und bitte verstehen Sie mich nicht falsch, auch ich finde die technische Entwicklung gut und wichtig. Sonst wären wir ja nicht da, wo wir heute sind. Aber es gibt für mich gewisse Grenzen. Insbesondere wenn es um die Menschlichkeit und die alten Werte geht. Da bin und da bleibe ich wohl immer altmodisch. Und finde es sogar gut!
In diesem Sinne
Ihre Cristina Schönke